Volksfeind for Future

nach Henrik Ibsen von Lothar KittsteinUraufführung am 11. September 2020Schauspielhaus, Großes HausSchauspiel

Über das Stück

Hat nicht die 17-jährige Greta Thunberg recht mit ihrer glasklaren Analyse? Ist die Welt wirklich um Antworten verlegen, wenn es um die Zukunft unseres Planeten geht? Klimawandel ist das Thema der Stunde. Doch so simpel die Diagnose, so kompliziert scheint die Lösung. Die »Fridays for Future«-Demonstrationen, bei denen sich im vergangenen Jahr weltweit Schüler:innen versammelten, um gegen die Klimakatastrophe zu protestieren, haben nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Gegenwärtig formiert sich der Protest neu. Den zähen Konflikt zwischen moralischen und monetären Aspekten beschreibt auch Henrik Ibsen, dessen »Volksfeind«-Drama der heutigen Diskussion um die Durchsetzbarkeit von dringend notwendigen Umweltschutzmaßnahmen in nichts nachsteht. Regisseur Volker Lösch und Autor Lothar Kittstein haben es deshalb unternommen, eine Überschreibung des Umweltklassikers aus dem Jahr 1882 auf die Bühne zu bringen. Inspiriert von jungen Umweltaktivist:innen aus Düsseldorf und gemeinsam mit den Schauspieler:innen des Ensembles werfen sie einen Blick auf das komplizierte Verhältnis von Klimakrise, Widerstand und Verteidigung des Status quo. Die Handlung wird – wie könnte es anders sein – in die »schönste Stadt am Rhein« verlegt, deren Oberbürgermeisterin es gelungen ist, den Zuschlag für ein neues E-Auto-Werk zu erhalten. Mehr Arbeitsplätze, saubere Luft und Klimaschutz in einem, so heißt es. Doch ausgerechnet die eigene Tochter organisiert Proteste, mobilisiert ihre Mitschüler:innen und wendet sich an die Presse. Die Herstellung von Elektroautos, sagt sie, spart keine Emissionen ein, sondern führt zu mehr CO2-Ausstoß. Und während die Elterngeneration um Wahrheiten und Lösungen streitet, sieht die der jungen Leute ihre eigene Zukunft zur Disposition gestellt.

Besetzung

Die Oberbürgermeisterin Minna Wündrich
Der Ehemann Glenn Goltz
Die Tochter Cennet Rüya Voß
Der Sohn Charlie Schrein
Die Chefredakteurin Claudia Hübbecker
Der Betriebsrat Jonas Friedrich Leon­hardi
Der Geschäftsführer Rainer Philippi
Die Umweltaktivist:innen Esra Atanasova, Nora Beisel, Lena Berghaus, René Boddice, Sara Lin Chen, Kester Elfroth, Nathanael Evers, Emma Fuhrmeister, Janna Gangolf, Sina Göttmann, Gesa van gen Hassend, Jan-Moritz Hoffmann, Greta Kolb, Oskar Lüttmann, Emilio Maestro, John-Frederik Reeg, Linus Reimann, Rebecca Roche, Juliane Sattler, Hanna Lei Shen
Der Konzernchef Philipp Alfons Heitmann
Autor Lothar Kittstein
Regie Volker Lösch
Bühne und Kostüm Carola Reuther
Chorleitung Sandra Bezler
Video Robi Voigt
Dramaturgie Janine Ortiz

Dauer

1 Stunde 45 Minuten — keine Pause

Trailer

Pressestimmen

Regisseur Volker Lösch bringt den Dauerkonflikt zwischen Geld und Moral auf die Bühne. Aus dem Ibsen-Drama »Der Volksfeind« macht er den »Volksfeind for Future«, in dem die Aufmüpfigen und Widerständigen auf die Verteidiger:innen des Status Quo treffen. Volker Lösch ist bekannt für wuchtige Bilder und provokante politische Stücke. Bei der Premiere gab es Applaus im Stehen.
WDR WestART
Das Experiment, den Chor der Umweltaktivist:innen ausschließlich über Videoaufnahmen zuzuspielen, geht perfekt auf. Diese reduzierten Videobilder verstärken sogar noch die Wirkung ihrer Aussagen. Denn nichts lenkt von ihren mahnenden Worten ab. Autor Lothar Kittstein bleibt in seiner zeitgemäßen Überschreibung von Henrik Ibsens »Volksfeind« nah an der Vorlage. Alle zentralen Konflikte und Konstellationen finden sich wieder. Viele schlüssige Argumente.
Nachtkritik
So lässt einen der kurzweilige, bissige, manchmal plakative Abend aufgewühlt, aber nicht aufgeklärt zurück. Doch er regt an zur Diskussion. Einfache Lösungen gibt es nicht.
Rheinische Post
Der Erkenntnisgewinn des Abends rührt aus einer Fülle von Argumenten. Das Stück ist auf der Höhe der Zeit. Erstens hallt hier das ›How dare you‹ wider, dieser Urschrei der Bewegung. Zweitens erscheint die Inszenierung als Antwort auf jüngst diskutierte Fragen. Die Frage ›Warum Theater?‹ blieb an diesem Abend kaum offen.
Neues Deutschland