Bungalow

nach dem Roman von Helene HegemannUraufführung am 22. September 2019 — Schauspielhaus, Kleines HausSchauspielhaus, Kleines HausSchauspiel

Über das Stück

Klar und radikal erzählt Helene Hegemann von der Selbstfindung eines jungen Mädchens in einer zunehmend apokalyptischen Welt. Während ihre Mutter das letzte Einkaufsgeld vertrinkt, beobachtet Charlie vom Balkon ihrer Betonmietskaserne aus die benachbarten Bungalows und deren Bewohner*innen. Sie lernt, dass es mehrere soziale Klassen gibt und sie selbst zur untersten gehört. Dann, kurz nach ihrem zwölften Geburtstag, zieht ein Ehepaar ins Viertel. Die beiden sind Schauspieler, unberechenbar, chaotisch, luxuriös, schlauer als alle anderen – und für Charlie das, was der Rest der Welt als ihre »erste große Liebe« bezeichnen würde: Spielkameraden und Lover, größter Einfluss und größte Gefährdung. Ein extremer Gegenentwurf zur toxischen Beziehung, die Charlie mit ihrer Mutter führt, und eine Aufforderung, die vitale Kraft des freien Willens für sich zu entdecken.
Helene Hegemanns 2010 erschienener Debütroman »Axolotl Roadkill « wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Die Verfilmung » Axolotl Overkill«, bei der Hegemann selbst Regie führte, wurde beim Sundance Film Festival 2017 mit dem Cinematography Award ausgezeichnet. »Bungalow« – nach »Jage zwei Tiger« Hegemanns dritter Roman – war u. a. für den Deutschen Buchpreis 2018 nominiert. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zeigt das Werk als Uraufführung in der Regie von Simon Solberg.

Besetzung

Regie und Bühne Simon Solberg
Kostüm und Illustration Maike Storf
Musik Miles Perkin
Licht Christian Schmidt
Dramaturgie Janine Ortiz

Dauer

1 Stunde, 45 Minuten — keine Pause

Pressestimmen

Im Angesicht der Katastrophe inszeniert Regisseur Simon Solberg seine Theateradaption von Helene Hegemanns "Bungalow" am Schauspiel Düsseldorf energisch, lebendig und stark auf Pointe und Effekt. [...] Lea Ruckpaul, die die Jugendliche bis dahin mit rotzig rauer Underdog-Energie spielt, zieht sich mit letzter Kraft an zwei langen weißen, miteinander verknoteten Vorhängen hinauf. [...] Das ist eines der stärksten Bilder des Abends, der die gesellschaftlichen Widersprüche in visuelle Kontraste übersetzt.
Nachtkritik
Die Schauspielerin Lea Ruckpaul verkörpert Charly mit vielen Zwischentönen gänzlich kitschfrei, jederzeit glaubwürdig. In Judith Rosmair als psychopathische Mutter hat sie eine grandiose Partnerin. Rosmair spielt eine flirrende Figur am Rande der geistigen Auflösung, brutal und verletzlich. Charlie kann nicht anders, als diese Frau lieb zu haben, obwohl sie keinen Grund dafür hat. Es gibt viele Formulierungen, die hängen bleiben. Regisseur Simon Solberg stellt sich mit dem grandiosen Düsseldorfer Ensemble ganz in den Dienst des Buches. Seine Inszenierung hat Rotzigkeit, Tempo und immer wieder Momente hilfloser Verlorenheit.
SWR 2
Richtig gut. Durchweg spannend. Sehr poetisch.
Deutschlandfunk Kultur
Lea Ruckpaul ist eine ideale Besetzung für die Rolle der Charlie, weil sie Bedrängnis und Leid ihrer Figur nicht ausschlachtet, sondern ständig dagegen anzukämpfen scheint. Das macht ihre Darstellung noch verzweifelter. Sie will ihre Mutter nicht schlecht machen, sie liebt sie trotz allem, aber der Alltag mit ihr ist so unerträglich, dass sie sich dem Publikum offenbaren muss. Ständig ringt sie mit etwas, mit Stoffbahnen, die ins Bühnenbild wehen, mit Brettern, die sie nach einem apokalyptischen 16-Tage-Regen auf der Bühne auslegt. Dann steht sie wieder ganz allein im Zentrum der Bühne mit all ihrer Verzweiflung, ihren Aggressionen, spricht gehetzt in ein Mikro, stark und verletzlich zugleich. Ihr einziger Gefährte ist Iskender, den Jonas Friedrich Leonhardi erst als naiven Nerd zeichnet. Wie sehr auch er unter der „Scheißangst“ leidet, die im Hegemann-Kosmos alle bedrängt, zeigt er erst spät in einem furiosen Solo.
Rheinische Post
Beklemmendes Psycho-Kammerspiel für sechs Personen mit der mädchenhaften Lea Ruckpaul als Charlie, die sich bis zur Erschöpfung verausgabt. Und – mit einem Wechselbad von Panikattacken und nüchtern realistischer Erinnerung an ihre Eltern und ihre geliebten Nachbarn im Wunschort Bungalow die Zuschauer beinah in eine Endzeitstimmung versetzt. Was Ruckpaul da vollbringt, gelingt nur wenigen Mimen.
Westdeutsche Zeitung
Beklemmendes Psycho-Kammerspiel für sechs Personen mit der mädchenhaften Lea Ruckpaul als Charlie, die sich bis zur Erschöpfung verausgabt. Sie versetzt die Zuschauer in Endzeitstimmung – mit einem Wechselbad von Panikattacken und nüchtern realistischer Erinnerung an ihre Eltern und Nachbarn im Wunschort Bungalow. [...] Die zügig ablaufenden 100 Katastrophen-Minuten lockert Solberg geschickt auf: Mit grotesken Songs und schwarzhumorigem Kabarett, die das Leiden der Protagonistin ertragbar machen.
Kölner Stadt-Anzeiger