Die Orestie. Nach dem Krieg

frei nach Aischylos in einer Bearbeitung von Tamara Trunova und Stas Zhyrkov unter Verwendung der Prosaübersetzung von Peter Stein — aus dem Ukrainischen von Sebastian AntonAuf Deutsch und Ukrainisch mit deutschen und ukrainischen ÜbertitelnPremiere am 23. März 2024Schauspielhaus, Großes HausSchauspiel

Termine

https://www.dhaus.de/ Düsseldorfer Schauspielhaus Gustaf-Gründgens-Platz 1, 40211 Düsseldorf
Mi, 09.10. / 19:30 – 21:30
18:45 Einführung
SchauspielBlauer Tag
frei nach Aischylos in einer Bearbeitung von Tamara Trunova und Stas Zhyrkov Regie: Stas Zhyrkov
Schauspielhaus, Großes Haus
Auf Deutsch und Ukrainisch mit jeweiligen Übertiteln / Німецькою та українською мовами з відповідними субтитрами
https://www.dhaus.de/ Düsseldorfer Schauspielhaus Gustaf-Gründgens-Platz 1, 40211 Düsseldorf
Sa, 09.11. / 19:30 – 21:30
Schauspiel
frei nach Aischylos in einer Bearbeitung von Tamara Trunova und Stas Zhyrkov Regie: Stas Zhyrkov
Schauspielhaus, Großes Haus
Auf Deutsch und Ukrainisch mit jeweiligen Übertiteln / Німецькою та українською мовами з відповідними субтитрами
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Über das Stück

Die Handlung spielt in der Ukraine in einer fiktiven Zukunft. Der Krieg, der 2014 mit der Annexion der Krim begann, ist zu Ende, und der Erste Intereuropäische Gerichtshof wird unter dem Vorsitz der deutschen Richterin Margarethe Bauer mit einem spektakulären Fall eröffnet. Das Verfahren symbolisiert eine neue Form der Rechtsprechung, die das gesellschaftliche Zusammenleben nach dem Krieg ermöglichen und die Grundlage für Frieden und Freiheit sein soll.

Angeklagt ist Orest, ein verdienter ukrainischer Soldat, der sich schon vor dem Verfahren mit der Bitte um einen gerechten Prozess an die Öffentlichkeit gewandt hat. Er wird beschuldigt, seine Mutter Kateryna Horets und seinen Onkel Pavel Davydov, der aus Russland in das Haus der Familie kam, ermordet zu haben. Orest streitet die Tat nicht ab, rechtfertigt sie aber mit der Rache für den Mord an seinem Vater Ivan Horets. Orest bezichtigt den Onkel und die Mutter des Ehebruchs und wirft ihnen wiederum vor, seinen Vater nach dessen Heimkehr als Kriegsveteran brutal getötet zu haben.

Vertreten wird Orest vor Gericht durch seine Schwester, die Anwältin Svitlana Horets, die zu Beginn des Krieges nach Deutschland geflohen ist, um dort Jura zu studieren. Während des Prozesses, in den die gesamte Familie verstrickt ist, werden die Beteiligten immer wieder von einer Vergangenheit, die nicht vergangen ist, heimgesucht. Die Realitäten vermischen sich. Die unbewältigten Traumata des Krieges wirken in die Gegenwart hinein und verleihen ihr alptraumhafte Züge. Die Geister der Toten und aus dem antiken Mythos erheben sich aus der archäologischen Ausgrabungsstätte, auf der der Gerichtshof erbaut wurde. Agamemnons Geist kehrt in Gestalt des getöteten Ivan Horets zurück.

Der Schatten Klytaimestras und der ermordeten Kateryna Horets manifestieren sich im Körper der Staatsanwältin Katherina Horn. Die Geschworenen erscheinen als Wiedergängerinnen der Erinyen, antike Rachegeister, die Orest verfolgen, um den Muttermord zu sühnen. In dieser Inszenierung werden sie von Ukrainerinnen dargestellt, die heute in Düsseldorf leben, und die ihre eigenen Geschichten mitbringen. In den Pausen des Gerichtsverfahrens beleuchten sie anhand von Zeitzeuginnenberichten immer wieder eindringlich die Konsequenzen, die der Krieg für Frauen hat: Was bedeutet es, wenn die Männer in den Krieg ziehen? Wie kommt es zur Kollaboration mit dem Feind? Und wie wird sexuelle Gewalt zur Kriegswaffe?

Die Überschreibung der ukrainischen Regisseurin und Autorin Tamara Trunova basiert auf der »Orestie«, in der Aischylos schon vor rund 2500 Jahren die Gründung eines neuen rechtsstaatlichen Systems thematisiert und Grundfragen der menschlichen Existenz und der Demokratie verhandelt. Tamara Trunova verbindet Passagen aus der antiken Tragödie mit einem fiktiven Familiendrama, das in der Zukunft spielt, und fügt aktuelle dokumentarische Texte hinzu, um hier und jetzt die Frage über ein Zusammenleben nach dem Krieg neu zu stellen.

Mit der Gründung eines auf Vernunft basierenden, staatlichen Rechtssystems und dem Freispruch Orests wird am Ende von Aischylos’ »Orestie« eine neue Rechtsform etabliert und die archaische Blutrache abgeschafft. Heute lässt sich die Schuldfrage im juristischen Sinne zwar klar beantworten, aber befriedigt der Schuldspruch das Bedürfnis der Opfer nach Sühne und Gerechtigkeit? Der Erste Intereuropäische Gerichtshof kann hier keine Antworten geben. Es folgen vielmehr neue Fragen, und das letzte Wort haben die unversöhnten Erinyen.

Орестея. Після війни

за мотивами Есхіла в адаптації Тамари Трунової та Стаса Жиркова — Режисер: Стас Жирков — Українською та німецькою мовами з українськими та німецькими титрами
У 2029 році в Криму відкривається міжнародний суд, який має розглянути справу, що зачіпає фундаментальні питання людського буття і знаменує перехід від війни до мирного суспільного устрою. Після того, як Орест Горець жорстоко вбиває свою матір Катерину Горець та її коханця Павла Давидова, його віддають під суд. Обвинувачений, якого переслідують мстиві привиди матері і якого в суді захищає сестра Електра, не заперечує свого злочину. Його мотивом є помста за смерть батька - героя української війни, якого заманили в пастку і зарізали дружина-русофілка та її коханець.

Ця історія - більше, ніж приватна сімейна трагедія. Центральна тема п'єси - це те, як держава і суспільство стикаються з невизначеним майбутнім в умовах війни, страждань, зради і внутрішньосімейних негараздів. Текст української авторки та режисерки Тамари Трунової, таким чином, відсилає до своїх витоків: »Орестеї« Есхіла. У своїй адаптації для Дюссельдорфського театру Трунова переплітає уривки з єдиної майже повністю збереженої трагедії-трилогії давньогрецького театру з сюжетом, що розгортається в майбутньому. Після війни.

Режисером вистави є український театральний режисер Стас Жирков, який раніше поставив »Одіссею« в D'haus за участі людей з України та Дюссельдорфа. У його новій роботі будуть задіяні актори ансамблю, а також українська акторка Віталіна Біблів (київський театр »Золоті ворота«) та українки, які зараз мешкають у Дюссельдорфі. Що стосується теми, Жирков коментує: "В »Орестеї« Есхіла люди повинні створити нову систему співіснування після варварських часів. Спочатку вони не знають, як це може спрацювати. Так само як і ми не знаємо сьогодні. Чи відбудеться трибунал над воєнними злочинцями, і чи настане справедливість? Що буде з окупованими територіями? Як бути з тими, хто співпрацював з окупантами? Як подолати корупцію? Як ми можемо стати частиною європейської спільноти? І як ми можемо продовжувати жити поряд з росією? Адже очевидно одне: росія нікуди не зникне. Світ повинен думати не лише про Україну, але й про росію та Білорусь. Яке майбутнє чекає на тамтешніх людей?"

Besetzung

Klytaimestra / Kateryna Horets / Staatsanwältin Katherina Horn Friederike Wagner
Agamemnon / Ivan Horets Jürgen Sarkiss
Orest / Orest Horets Jonas Friedrich Leon­hardi
Elektra / Svitlana Horets Sophie Stockinger
Pallas Athene / Richterin Margarethe Bauer Claudia Hübbecker
Tatiana, Journalistin Pauline Kästner
Maria Dmytriyevna Maistruk, Nachbarin Vitalina Bibliv / Alina Kostyukova
Erinyen / Geschworene Juliia Birzul, Tetiana Fedishyna, Yuliia Tolochko, Daria Gabarchuk / Anastasia Pogosova, Olha Radvanska / Svitlana Stupak
Renat Mametov, Polizist Mila Moinzadeh
Pawel Davydov, Ivans Bruder (im Video) Yaroslav Ros
Saschko, ein Junge aus der Nachbarschaft Renat Bezpaliuk / Maxim Kirsa-Straubel

Dauer

2 Stunden — keine Pause

Hinweise

Inhalt
Die Inszenierung thematisiert aktuelles Kriegsgeschehen und sexuelle Gewalt.
Theaterpädagogisches Angebot
Wir empfehlen »Die Orestie. Nach dem Krieg« ab der 10. Klasse. Wenn Sie weitere Informationen zu dieser Inszenierung wünschen, wenden Sie sich bitte an den Theaterpädagogin Lena Hilberger unter 0211. 85 23-714 oder lena.hilberger@dhaus.de

Trailer

Pressestimmen

Alle Zeichen stehen auf Katharsis, es wird geklagt, doziert, gestritten.
Theater heute, 01.05.2024
Man wohnt in Düsseldorf einer wütenden, komplizierten Utopie über die herbeigesehnte Zeit nach dem Ukraine-Krieg bei, die selbst die Phlegmatischsten und Saturiertesten aus ihrer Wohlfühlzone zerren sollte. Denn der Krieg ist in Wirklichkeit eben noch nicht zu Ende. Aus seinem unerbittlichen Fortgang, seinem ungewissen Ausgang und dem Leiden eines kämpfenden Landes schöpft diese bemerkenswerte »Orestie« ihre Kraft.
Süddeutsche Zeitung, 25.03.2024
Die pausenlose zweistündige Premierenaufführung ließ niemanden gleichgültig zurück. Den Zuschauern war spürbar klar, dass diesmal kein Spiel geboten wurde, sondern dass sich in antiker Vergangenheit und vorweggenommener Zukunft ein fürchterliches Kapitel der Gegenwart aufblätterte, mit Schauspielerinnen und Schauspielern, denen der Verlust der Ehepartner, das Ende von Freundschaften zwischen Ukrainern und Russen und nicht zuletzt der Verlust der Heimat droht.
Rheinische Post, 24.03.2024
Zhyrkovs Inszenierung ist themenreich vollgepackt, verhandelt grundlegend individuelle Rache anhand der »Orestie« mit aktuellen Schicksalen von vom Krieg in der Ukraine gezeichneten Menschen, die uns auf der Bühne gegenüber stehen. Und sie beweist die Aktualität von Aischylos’ Klassiker. Die nicht umkomplexe Verschränkung von Original und Neufassung – geschickt szenisch durch die Drehbühne in verschiedene Settings aufgeteilt –, von antiken und gegenwärtigen Rollen knüpft vor allem in der zweiten Hälfte des Abends alle Fäden zusammen und leitet stringent zum Ende, das den Erynien (Julia Birzul, Tetiana Fedishyna, Yuliia Tolochko, Daria Gabarchuk, Olha Radvanska) und damit hier Stimmen aus der Ukraine gehört.
Die Deutsche Bühne, 24.03.2024
Wie der Krieg enden kann, ob es überhaupt möglich ist, die Traumata aufzuarbeiten und dass es dazu viele Haltungen gibt, zeigt dieser Abend eindringlich.
WDR5 Scala, 25.03.2024
Nicht Leiden beobachten und dabei still sitzen, sondern den »täglichen Kampf« des ukrainischen Volkes in jedem Einzelnen für real nehmen und aus dem Gehörten und Gelernten Konsequenz ziehen, das ist die Aufforderung, die die fünf letzten Fragen des Chores frontal von der Rampe aus an den Zuschauersaal richten.
KulturKenner, 24.03.2024