Jugend ohne Gott

von Ödön von Horváth — in einer Fassung von Kristo Šagorab 13 JahrenPremiere am 13. September 2018Münsterstraße 446, BühneJunges Schauspiel

Über das Stück

Ihre Kindheit erlebten sie in der Demokratie, ihre Pubertät bereits in der Diktatur. »Jugend ohne Gott« spielt 1936 in Nazideutschland. Schüler:innen werden zu Menschenverachtung, Gehorsam und Rassenhass erzogen. Bei Geländeübungen und Lagerfeuerromantik probieren sie das Kriegshandwerk, während opportunistische und obrigkeitshörige Erwachsene sich am Rande des Abgrunds der Genusssucht hingeben. Als Zeichen fortschreitender Entindividualisierung gesteht Horváth den Schüler:innen keine Namen zu. Der erwachsene Protagonist heißt lediglich »Lehrer«. Nur die Anführerin einer Diebesbande erhält einen Namen: Eva. »Z« immerhin schreibt Tagebuch. Riskant sind seine Einträge über die heimliche Liaison mit Eva oder die Zweifel an der militaristischen, faschistischen Erziehung. Als das Kästchen, in dem »Z« sein Tagebuch aufbewahrt, aufgebrochen wird, glaubt »Z« in »N« den Täter zu erkennen. Später wird dieser tot im Wald gefunden, und der Verdacht fällt auf Eva. Ein Krimi beginnt, der von den Folgen herrschender Menschenverachtung erzählt. In seinem Meisterwerk von 1937 erkundet Horváth die Geburt des Faschismus.

Kristo Šagor schreibt und inszeniert für Erwachsene, wie auch für junges Publikum. Als Autor und Regisseur ist er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem deutschen Theaterpreis Der Faust. Mit einem akribisch genauen Umgang mit Texten legt er tiefere Schichten frei und schafft hochspannende Theatererlebnisse. Die Bühnenbildnerin Iris Kraft entwirft für »Jugend ohne Gott« eine bewegliche Bühnenfläche, die dem Ensemble ein Spiel zwischen Balance und Kippmomenten ermöglicht.

Besetzung

Mit Selin Dörtkardeş, Jonathan Gyles, Paul Jumin Hoffmann, Marie Jensen, Thomas Kitsche
Regie und Text Kristo Šagor
Bühne und Kostüm Iris Kraft
Musik Felix Rösch
Dramaturgie Kirstin Hess
Theaterpädagogik Thiemo Hackel

Dauer

2 Stunden — eine Pause

Trailer

Pressestimmen

Mit Ödön von Horvaths »Jugend ohne Gott« fragt das Junge Schauspielhaus, was es kostet, sich einer verrohten Gesellschaft entgegenzustellen. [...] Ein Lehrstück über Mut und Anstand und die richtige Haltung in einer falschen Zeit. Mit einem starken politischen Stoff beginnt das Junge Schauspielhaus also seine Spielzeit, und gleich zu Beginn wird klar, dass »Jugend ohne Gott« kein abgelagertes Stück aus brauner Vorzeit ist, sondern mit seinen Fragen nach Zivilcourage und dem Widerstandsgeist von Demokraten die Zeit wieder trifft. [...] Das Ensemble, in dem drei neue Darsteller des Jungen Schauspielhauses zu erleben sind, ist bereits bestens aufeinander eingespielt. Es stemmt diese Inszenierung mit der rasanten Szenenfolge wirklich als Team.
Rheinische Post
Sehr interessant, spannend, auch ein interessanter Stoff für Erwachsene. Auch die Schauspieler machen das sehr dicht, sehr kompakt, schaffen mit diesen schnellen Rollenwechseln kleine Gesten, manchmal bringen sie ein bisschen Kabarett mit rein. Es gibt auch manchmal einen leichten Anklang an heutige Jugendsprache, aber immer sehr differenziert, sehr leise bringen sie dann diese widersprüchlichen Figuren, diese scharfsinnigen Sätze von Horváth gut rüber, die ja immer noch sehr aktuell und treffend sind.
WDR 3 Mosaik
Ein Stück, das Horváth 1936 schrieb, und das in dieser Inszenierung im Jungen Schauspiel an der Münsterstraße kaum aktueller sein könnte.
Neue Düsseldorfer Online Zeitung
Temporeich mit schnell aufeinander folgenden Szenenwechseln.
Westdeutsche Zeitung
Horváths Krimi kippt ins Heute. Grandiose junge Akteure in einem packenden Stück zwischen Politdrama und Krimi. [...] Kaum beginnen sie zu sprechen und sich zu bewegen, da schwankt der Boden unter ihnen: nur äußerst kalkuliert und vorsichtig, ängstlich darauf bedacht, nicht abzugleiten, stets den anderen beobachtend und einschätzend, schafft diese exzellente Bühnenidee eine Metapher für das Lavieren der Menschen unter der Bedrohung eines allgegenwärtigen Machtapparates.
theater:pur
Die Schauspieler konnten durch ihre beeindruckende schauspielerische Leistung überzeugen, die auch in der Nachbesprechung des Öfteren zur Ansprache kam. Den Akteuren gelang es, die Eindringlichkeit ihrer Aussagen durch das ständige Sprechen im Chor so zu verstärken, dass man sich sehr gut in die Situation hineinversetzen konnte. Dieser Effekt wurde ebenfalls durch die von Iris Kraft getroffene Kostümwahl (Uniformierung in den Farben blau, weiß und rot) verstärkt, welche bei allen Akteuren gleich war und somit keine Entfaltung der Individualität zuließ. Sehr interessant war außerdem die Entscheidung, das Theaterstück sehr nah am Roman zu inszenieren, da nur zwei Wörter von Horvaths ursprünglichem Antikriegsroman verändert wurden. Somit wurde auch gleichzeitig die Aktualität des Themas verdeutlicht. Auch musikalisch schaffte es Felix Rösch, durch die Verwendung einer auf das Stück abgestimmten und selbst komponierten Musik, stets an den richtigen Stellen Spannung aufzubauen und den Zuschauer somit regelrecht mitzureißen.
Mannheimer Morgen