Wonkel Anja – Die Show!

nach Anton Tschechow — von Barbara Bürk und Clemens SienknechtUraufführung am 10. November 2018Schauspielhaus, Kleines HausSchauspiel

Über das Stück

Wenn Barbara Bürk und Clemens Sienknecht sich eines Stoffes annehmen, dann verwandeln sie ihn. Dann ziehen sie ihn mitsamt seinen Figuren hinein in ihren seltsamen Kosmos aus schrägen Ideen und unerhörten Melodien. Wodurch dann etwas Neues entsteht, etwas, durch das das Alte immer hindurchscheint – und dadurch wird es möglich, dass sich Figuren von Fontane oder Tolstoi z.B. in einem Tonstudio wiederfinden, Lieder von Michael Jackson oder Discoklassiker singen und dennoch am Ende wie durch ein Wunder die Geschichte von »Effi Briest« oder »Anna Karenina« erzählt wurde. Oder eine Geschichte von Tschechow. In »Wonkel Anja – Die Show!« vermengt das Regieduo Bürk/Sienknecht zwei Welten. Die eine ist die der Figuren aus Tschechows »Onkel Wanja«, die in ihrem Mikrokosmos der Vergeblichkeit in der Provinz sitzen, gescheitert, gelähmt in Routine und in schwelgender Verklärung vergangener Tage. Die andere ist die untergegangene Welt der deutschen Fernsehunterhaltung, der großen Quizshows Westdeutschlands, vom »Großen Preis« bis zu »Einer wird gewinnen« und »Dalli Dalli«. Dieser Glücksverheißungen und Heile-Welt-Maschinen, deren Protagonist:innen – wie Tschechows Figuren – in ihrem eigenen Kosmos leben, ihren eigenen Regeln gehorchen und ein ewiges Spiel spielen. Aus diesen Welt-Mischungen lassen Bürk/Sienknecht etwas entstehen, das hell ist und komisch und todernst, virtuos, hochmusikalisch, rätselhaft und seltsam schwankend zwischen feinstem Spiel und gröbstem Unfug.

Besetzung

Kandidat Holger (Onkel Wanja) Thiemo Schwarz
Kandidatin Susanne (Sonja, seine Nichte) Claudia Hübbecker
Kandidat Klaus Peter (Astrow, Landarzt) Torben Kessler
Kandidat Günther (Professor Serebrjakow, Sonjas Vater) Thomas Wittmann
Kandidatin Heidrun (Jelena, seine zweite Frau) Hanna Werth
Schietmar Dönherr, Showmaster Clemens Sienknecht
Bibi Vach, seine Assistentin Lieke Hoppe
Friedrich Friedmüller (und seine Rhythmusgruppe) Friedrich Paravicini
Bühne und Kostüm Anke Grot
Musikalische Leitung Clemens Sienknecht
Dramaturgie Robert Koall

Dauer

2 Stunden, 15 Minuten — keine Pause

Trailer

Pressestimmen

Tschechows Geschichte ist dabei vom Regie-Duo klug gebündelt und gekürzt worden – und kommt so stark, so emotionsreich, so gehaltvoll rüber, wie es das in traditionellen Inszenierungen oft nicht gelingt. Hochintelligente Unterhaltung voller Gehalt.
Deutschlandfunk Kultur
Tschechows »Onkel Wanja« wird als grandiose TV-Show persifliert. Es kommt alles vor: das peinlich galante Eröffnungstänzchen des Moderators, sein Dank für »den warmen Applaus«, die herausgeputzte Assistentin, unbeholfene Kandidaten, Glücksrad, Schaumstoffwürfel, Buzzer, Quizfragen zu tickender Zeituhr, Werbung für die Langspielplatte und all die Versatzstücke jener guten alten Fernsehzeit, als Shows noch mit hymnischen Eurovisionsklängen begannen und die ganze Familie zu Käsebrot und Gürkchen vor der Flimmerkiste saß.
Das ist ein intelligentes Vergnügen. Zugleich gewinnen die Charaktere der Kandidaten und ihre Rollen bei Tschechow an Kontur, und weil sie ständig Lieder singen sollen, ist das Ganze auch noch eine sängerisch höchst anspruchsvolle Revue.
Rheinische Post
Clemens Sienkecht und Barbara Bürk nehmen abgelegten, aber geliebten Kulturschrott (TV-Shows der 1970er Jahre) und abgenutztes, aber langlebiges Bildungsmaterial (Tschechows »Onkel Wanja«) und machen daraus ein hochwertiges neues Produkt: »Wonkel Anja«.
Theater heute
Die lethargisch-komödiantische, von einer sonderbaren Melancholie durchsetzte, Tragikomödie »Onkel Wanja« von Tschechow mit einer, von Musik aufgeladenen, Karikatur einer Show aus der Glanz-Ära der großen Fernsehunterhaltung zu verschneiden – kann das funktionieren? Barbara Bürk und Clemens Sienknecht haben schon öfter bewiesen, dass es ihnen gelingt, Klassiker in Meta-Szenerien, wie etwa Hörspielaufnahmen in einem Radiostudio einzupflanzen. Wenn man der Erheiterung des Publikums und dem durchaus bewegten Applaus bei der Uraufführung im Central des Düsseldorfer Schauspielhauses folgt, ist dem Regie-Duo auch diesmal mit »Wonkel Anja – die Show!« ein beachtlicher Wurf gelungen.
So herrlich stereotyp die Bühne und Kostüme von Anke Grot die Ästhetik einer Spielshow aus den späten 70ern aufleben lassen, so emblematisch wirken die Figuren, die diese Bühne bevölkern. Fünf verschrobene »Kandidaten«, auf jeweils sehr überzeugende Weise gespielt von Thiemo Schwarz, Claudia Hübbecker, Thomas Wittmann, Torben Kessler und Hanna Werth, sind Teil einer sich mehr und mehr ad absurdum führenden Grundkonstellation.
Westdeutsche Zeitung