Alice Pressestimmen
Rheinische Post
30.10.2020
Eine Punktlandung. André Kaczmarczyk und Musiker Matts Johan Leenders haben »Alice« als fantasievolles und aufregendes Musiktheater inszeniert, mit einer wunderbaren Lou Strenger in der Rolle der Alice.
Gelungene Neuinszenierung. Es ist ein Wunderland von Grenzgängern, Spielkindern und Anti-Helden, die sich selbstzufrieden in einer Klangwelt aus Sprache und Musik tummeln, die sie um immer neue und bizarrere Wortgefechte und Rätsel erweitern. Ein fabelhaftes Ensemble treibt dies auf die Spitze und wird dafür vom Publikum mit standing ovations gefeiert.

Westdeutsche Zeitung
31.10.2020
Multitalent André Kaczmarczyk vereint Bildende Kunst, Musik und Theater zu einem schillernden Traum-Gesamtkunstwerk. Am Ende: Jubel und Begeisterung.
In Düsseldorfs Schauspielhaus, jetzt inszeniert von André Kaczmarczyk, dem wundersamen Multi-Talent, Schauspieler und Sänger, der bereits als Kreateur ungewöhnlicher Formate auffiel. Bildende Kunst, Musik und Theater vereint er auch in seiner »Alice« zu einem schillernden Traum-Gesamtkunstwerk – zusammen mit Jenny Theisen (Kostüme), Ansgar Prüwer (Bühne) und der Live-Band von Matts Johan Leenders. Letzterer schuf für Kaczmarczyks Wunderland süffig zottelige Songs, die ein bisschen an Rock-Musicals à la Tom Waits erinnern. Ebenso sorgt er für eine Geräuschkulisse mit Knall, Bumm und Zisch-Effekten, ähnlich wie in Robert Wilsons Meisterwerken. Kein Wunder, trat Kaczmarczyk doch bereits in Düsseldorfer Kassenschlagern, wie »Sandmann«, des amerikanischen Starregisseurs auf. Doch er kopiert Wilson nicht, sondern schafft mit relativ dosierter Bühnen-Technik ein eigenes, suggestives Wunderland für mehrere Generationen.

Sei’s drum. Kaczmarczyk - selbst als tüdeliger Hutmacher und als Kassandra mit weiß polaren Haaren in Gestalt der »falschen Suppenschildkröte« im Einsatz - zaubert seiner Alice aber keine chillige, sanfte Welt in Watte, sondern sein Wunderland ist voll von schrägen, schrillen und schrulligen Nervensägen, und manchmal auch garstigen Typen, die spitzzüngigen Sprachwitz zelebrieren.

»Zack Zack! Kopf ab!« Aber auch voller hintergründiger Poesie und Weltschmerz-Melancholie, Tränenfee und Tränensee inklusive. Doch zwängt das Regieteam den Klassiker aus dem viktorianischen England nicht in ein modernes Prada-Kostüm, sondern kreiert mit beinah zeitlosen, aber überdrehten Märchenfiguren eine traumwandlerische Atmosphäre und Momente fernab von Raum und Zeit. So wird die Wirklichkeit verrückt - wenn die Nachtfalter ins Licht fliegen, das Weiße Kaninchen (Kilian Ponert) sich verführerisch als Jüngling auf einem Felsen streckt oder die Raupe (Claudia Hübbecker) wie eine Stummfilm-Diva mit ellenlanger Zigarettenspitze posiert und Alice gute Ratschläge gibt. Ein Glücksfall ist Lou Strenger in der Titelpartie. Sie ist ein Mädchen unserer Tage – selbstbestimmt, unerschrocken, dann wieder verstört und sanft – zumal, wenn sie in einigen Bildern wie ein verletztes Wesen durch ihre Rätselwelt tänzelt. Überzeugend und stark wirken ihre Songs, in denen sie die Zuschauer mitnimmt auf ihre Grenzgänge zwischen Traum und Wirklichkeit. Am Ende: Jubel und Begeisterung.

nachtkritik.de
29.10.2020
Scheinhaft schönes Musiktheater.
Diese Alice ist zauberisch ballettös, aber nicht nur – sondern bei der fabelhaften Lou Strenger ichbezogen und selbstverloren, früh reif, verstört und aufsässig, »Kleine Tränenfee«, wie eines der Lieder heißt, und große Schwester von Tinker Bell und Andersens Sterntalerkind; und, weil »Wunderland« sich auf "hirnverbrannt" reimt, auch überdrehte Puppe – und brünette Marilyn, somit verletzte Seele.

Die Kompositionen von Matts Johan Leenders für kleine Besetzung, darunter Violine und Cello, stimmen leise Töne an. Balladenhaft und zartbesaitet, führen sie die Tradition des romantischen Kunstliedes und der Songwriter fort: die Partitur als zweite Traumspur.

Kaczmarczyk, der seine »Alice«-Fassung klug erweitert und in ihr bis »hinter die Spiegel« schaut, verschiebt sacht die Sphären, lässt Kontakt zu zwischen der Carroll-Liddell-Realität und dem imaginären »Alice«-Reich: ein transitorischer Dialog, der den psychischen Konflikt andeutet. Die Finesse und Akkuratesse des Bob Wilson, mit dem Kaczmarczyk zweimal gearbeitet hat, beherrscht auch er und verwandelt sie sich – weniger formell – an. Auch er ein Bildererzähler, der den Schein dem Sein vorzieht; mit Sinn für das winzige Detail und die einzelne Geste, und selbst Schauspieler, der weiß, wie Partnerinnen und Kollegen wirken und sein können. Er lässt sie, ob Mann, ob Frau, erotisch glitzern und bis in die Travestie hinein Stil walten. Die Kostüme mit Fell, Lack und Glamour sind Carnaby Street, knalliger Underground und Voguing-Parcours. Zu entdecken sind ein Cecil Beaton der Bühne – und sein Funny Girl und seine exquisite Fair Lady.

NRZ
30.10.2020
Die Musiktheater-Premiere »Alice« entführt die Zuschauenden in eine fantasievolle Welt. »Die Wirklichkeit ist so rätselhaft, und ich erfinde immer neue Rätsel«, sagt das Kaninchen. Doch die Inszenierung zeigt mit ihrer Leichtigkeit, ihrem sehr gut dosierten Humor, dass es immer weitergeht.

WAZ
30.10.2020
Eine betörend schöne Aneignung. Eine fabelhafte Lou Strenger. Kaczmarczyk holt Carrolls ganzes buntes Zauberreich in zwei atemlosen Stunden auf die Bühne und fährt dabei eine Reihe schillernder Nebenfiguren auf.
Großartig dämlich etwa ist Thomas Wittmann als Humpty-Dumpty, die sprechende Raupe gibt Claudia Hübbecker als Diva mit Marilyn-Anstrich. Judith Bohles cholerische Königin fordert hartnäckig »Kopf ab!«, während sich Kaczmarczyk selber geradezu genüsslich die dankbare Rolle des verrückten Hutmachers überstreift. Ein Quartett am Bühnenrand mit Piano, Violine, Cello und Schlagzeug begleitet die Szenerie mit vielen, gut gelaunten Songs aus der Feder von Matts Johan Leenders. Die opulenten Kostüme von Jenny Theisen sind zum Niederknien, das Bühnenbild von Ansgar Prüwer wirkt fast schon zurückgenommen. Sparsam, aber klug ausgetüftelt ist der Einsatz von Requisiten, wallende Vorhänge markieren die raschen Szenenwechsel. Im jubelnden Schauspielhaus schwingt reichlich Wehmut mit, denn nächste Woche gehen hier wie überall im Theater coronabedingt wieder die Lichter aus.

Neue Düsseldorfer Online Zeitung
01.11.2020
Die Musik von Matts Johan Leenders, der auch am Bühnenrand vor seinem Keyboard vier Musiker*innen und die Sänger*innen dirigiert, nimmt den Zuschauer mit auf die Reise und lässt »Alice«, das »Musiktheater« am Schauspielhaus, zu einem wundervollen Erlebnis werden. Stehende Ovationen und langer Jubel im Schauspielhaus galten daher nicht nur der mitreißenden, energiegeladenen Lou Strenger mit ihrem Gesang, die als Alice zwei Stunden Musik und Theater trägt. Jubel auch einem Ensemble, das mit großartiger Spielfreude die nur scheinbar absurden Figuren dieses vieldeutigen Literaturstücks von Lewis Caroll in einem vieldeutigen Bühnenbild und der Regie von André Kaczmarczyk leben lässt.

Besetzung

Carroll, Weißes Kaninchen, JabberwockyKilian Ponert
Herzkönigin, RaupeClaudia Hübbecker
Herzkönig, Humpty-DumptyThomas Wittmann
Herzbubenritter, Köchin, MärzhaseSebastian Tessenow
Herzogin, Grinsekatze, Dideldum, MausJudith Bohle, Anya Fischer
Hutmacher, Dideldei, Falsche SuppenschildkröteAndré Kaczmarczyk
Cello / GitarreDaniel Brandl / Veit Steinmann
PercussionLukas Meile / Alfonso Garrido
ViolineJulia Brüssel / Axel Lindner
LichtChristian Schmidt
DramaturgieJanine Ortiz

Dauer

2 Stunden — keine Pause