Wie Algorithmen unsere Welt prägen
— von Kevin Slavin
Hyperreal greift unterschiedliche Themen unseres heutigen Lebens zwischen digitalen Realitäten und dem physischen Sein auf. Welche Dystopien entstehen oder sind entstanden – es scheint, als hätte Fiktion bereits die Realität ersetzt. Wir finden uns in einer Hyperrealität wieder, in der wir scheinbar Fakten von Fiktion nicht mehr unterscheiden können. Welche Rolle dabei Algorithmen spielen und wie diese uns manipulieren und unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflussen, hat Kevin Slavin bereits 2011 in seinem TED Talk namens »How algorithms shape our world« sehr bildhaft beschrieben.
»Wir schreiben Dinge, die wir nicht länger entziffern können. Wir haben etwas erschaffen, das unlesbar ist und wir haben das Gefühl dafür verloren, was eigentlich vor sich geht in der Welt, die wir erschaffen haben. Es gibt eine Firma in Boston namens Nanex, sie benutzen Mathematik und Magie und was weiß ich noch, und sie greifen auf alle Finanzmarktdaten zu und tatsächlich finden sie manchmal einige dieser Algorithmen. Und wenn sie sie finden, ziehen sie sie heraus und heften sie an die Wand wie tote Schmetterlinge. Dann machen sie das, was wir alle stets gemacht haben, wenn wir mit riesigen Datenmengen konfrontiert sind, die wir nicht verstehen – nämlich ihnen einen Namen zu geben und eine Geschichte. Einige dieser gefundenen Algorithmen nennen sie also ›das Messer‹, ›den Karneval‹, ›den Boston Mischer‹, ›die Dämmerung‹.
Und der Witz ist, dass diese sich natürlich nicht nur in den Finanzmärkten tümmeln. Man kann diese Art von Dingen überall finden, sobald man verstanden hat, wie man danach suchen muss. Man kann sie zum Beispiel hier finden: Da ist dieses Buch über Fliegen, das ihr euch vielleicht auf Amazon angeschaut habt. Es ist euch vielleicht aufgefallen, als sein Preis bei 1,7 Millionen Dollar lag. Es ist vergriffen – immer noch. Wenn man es bei 1,7 Millionen gekauft hätte, wäre es ein Schnäppchen gewesen. Ein paar Stunden später lag der Preis bei 23,6 Millionen Dollar ... plus Versand und Bearbeitung. Und man fragt sich: Niemand hat etwas gekauft oder verkauft; was geschieht da? Man findet dieses Muster sowohl auf Amazon als auch an der Wall Street. Und wenn man diese Art von Verhalten sieht, erkennt man tatsächlich Algorithmen im Konflikt, Algorithmen, die gegenseitig in Schleifen gefangen sind, ohne menschliche Aufsicht, ohne irgendeine erwachsene Kontrolle, die sagt: ›Eigentlich sind 1,7 Millionen ganz schön viel‹.
Mit Netflix ist es genauso wie mit Amazon. So hat Netflix über die Jahre verschiedene Algorithmen benutzt. Sie begannen mit Cinematch und probierten einige andere aus – wie Dinosaur Planet oder Gravity. Jetzt benutzen sie Pragmatic Chaos. Pragmatic Chaos versucht das gleiche zu tun wie alle Netflix Algorithmen. Es versucht zu verstehen, was in deinem menschlichen Schädel tickt, damit es einen Vorschlag machen kann, welchen Film du als nächstes schauen möchtest – was ein sehr, sehr schwieriges Problem ist. Aber die Schwierigkeit des Problems und die Tatsache, dass wir es nicht wirklich durchblicken, kann nicht verhindern, welche Auswirkungen Pragmatic Chaos hat. Wie alle anderen Netflix Algorithmen bestimmt Pragmatic Chaos letzendlich zu 60 Prozent, welche Filme letzlich ausgeliehen werden. Ein Stück Programmcode mit einer Vorstellung über dich ist also für 60 Prozent dieser Filme verantwortlich.
Aber was wäre, wenn man diese Filme bewerten könnte, bevor sie gedreht werden? Wäre das nicht praktisch? Nun, es gibt in Hollywood einige Daten- wissenschaftler aus Großbritannien, die ›Story Algorithmen‹ haben – ein Unternehmen namens Epagogix. Man kann sein Filmskript dort durchlaufen lassen und sie können einem mit messbaren Daten sagen, ob es ein 30 Millionen Dollar Film ist oder ein 200 Millionen Dollar Film. Die Sache ist, das hier ist nicht Google. Das sind nicht Informationen. Das sind nicht Finanzdaten. Das ist Kultur.«
»Wir schreiben Dinge, die wir nicht länger entziffern können. Wir haben etwas erschaffen, das unlesbar ist und wir haben das Gefühl dafür verloren, was eigentlich vor sich geht in der Welt, die wir erschaffen haben. Es gibt eine Firma in Boston namens Nanex, sie benutzen Mathematik und Magie und was weiß ich noch, und sie greifen auf alle Finanzmarktdaten zu und tatsächlich finden sie manchmal einige dieser Algorithmen. Und wenn sie sie finden, ziehen sie sie heraus und heften sie an die Wand wie tote Schmetterlinge. Dann machen sie das, was wir alle stets gemacht haben, wenn wir mit riesigen Datenmengen konfrontiert sind, die wir nicht verstehen – nämlich ihnen einen Namen zu geben und eine Geschichte. Einige dieser gefundenen Algorithmen nennen sie also ›das Messer‹, ›den Karneval‹, ›den Boston Mischer‹, ›die Dämmerung‹.
Und der Witz ist, dass diese sich natürlich nicht nur in den Finanzmärkten tümmeln. Man kann diese Art von Dingen überall finden, sobald man verstanden hat, wie man danach suchen muss. Man kann sie zum Beispiel hier finden: Da ist dieses Buch über Fliegen, das ihr euch vielleicht auf Amazon angeschaut habt. Es ist euch vielleicht aufgefallen, als sein Preis bei 1,7 Millionen Dollar lag. Es ist vergriffen – immer noch. Wenn man es bei 1,7 Millionen gekauft hätte, wäre es ein Schnäppchen gewesen. Ein paar Stunden später lag der Preis bei 23,6 Millionen Dollar ... plus Versand und Bearbeitung. Und man fragt sich: Niemand hat etwas gekauft oder verkauft; was geschieht da? Man findet dieses Muster sowohl auf Amazon als auch an der Wall Street. Und wenn man diese Art von Verhalten sieht, erkennt man tatsächlich Algorithmen im Konflikt, Algorithmen, die gegenseitig in Schleifen gefangen sind, ohne menschliche Aufsicht, ohne irgendeine erwachsene Kontrolle, die sagt: ›Eigentlich sind 1,7 Millionen ganz schön viel‹.
Mit Netflix ist es genauso wie mit Amazon. So hat Netflix über die Jahre verschiedene Algorithmen benutzt. Sie begannen mit Cinematch und probierten einige andere aus – wie Dinosaur Planet oder Gravity. Jetzt benutzen sie Pragmatic Chaos. Pragmatic Chaos versucht das gleiche zu tun wie alle Netflix Algorithmen. Es versucht zu verstehen, was in deinem menschlichen Schädel tickt, damit es einen Vorschlag machen kann, welchen Film du als nächstes schauen möchtest – was ein sehr, sehr schwieriges Problem ist. Aber die Schwierigkeit des Problems und die Tatsache, dass wir es nicht wirklich durchblicken, kann nicht verhindern, welche Auswirkungen Pragmatic Chaos hat. Wie alle anderen Netflix Algorithmen bestimmt Pragmatic Chaos letzendlich zu 60 Prozent, welche Filme letzlich ausgeliehen werden. Ein Stück Programmcode mit einer Vorstellung über dich ist also für 60 Prozent dieser Filme verantwortlich.
Aber was wäre, wenn man diese Filme bewerten könnte, bevor sie gedreht werden? Wäre das nicht praktisch? Nun, es gibt in Hollywood einige Daten- wissenschaftler aus Großbritannien, die ›Story Algorithmen‹ haben – ein Unternehmen namens Epagogix. Man kann sein Filmskript dort durchlaufen lassen und sie können einem mit messbaren Daten sagen, ob es ein 30 Millionen Dollar Film ist oder ein 200 Millionen Dollar Film. Die Sache ist, das hier ist nicht Google. Das sind nicht Informationen. Das sind nicht Finanzdaten. Das ist Kultur.«
Besetzung
Regie und ChoreografieConstanza Macras
BühneAlissa Kolbusch
KostümJenny Theisen
Musikalische LeitungSantiago Blaum
Dauer
2 Stunden — keine Pause
Liebe Lehrer*innen, wenn Sie theaterpädagogische Angebote wie Workshops, Nachgespräche oder Einführungen zu dieser Inszenierung wünschen, wenden Sie sich bitte an den Theaterpädagogin Saliha Shagasi unter 0211. 85 23-714 oder saliha.shagasi@dhaus.de