Geister
»Für einen kurzen Moment wieder Stadiongefühl!« – Paul Jäger, langjähriger Geschäftsführer und Vorstandsmitglied von Fortuna Düsseldorf, heute Direktor CSR, ist schon seit 1964 glühender Fan des Vereins. Hier spricht er über seine besten Momente im Paul-Janes-Stadion und worauf er sich als Fan am meisten freut.
2020 wird als Jahr der Geisterspiele in die Geschichte des Fußballs eingehen. Was vermissen Sie im Moment als Fan am meisten?
Hoffen wir zunächst, dass sich die Geisterspiele wirklich nur auf das Jahr 2020 beschränken und das sukzessive wieder Fans in den Stadien zugelassen werden können. Der Fußball lebt von den Fans, die ihre Mannschaften in Stadien unterstützen können. Ohne sie gibt es keine Gesänge, keine Sprechchöre, keine kreativen Aktivitäten, kurz, keine Stimmung auf den Rängen. Und nicht nur das: Auch das gemeinschaftliche Erlebnis fehlt. Keine Diskussionen mit den anderen Fans über die aktuelle Tagesform der eigenen Spieler, keine Beschimpfungen oder auch mal sportliche Anerkennung für den Gegner, kein Duft von Rasen und Bratwurst in der Nase. Übertragungen im TV sind keine Alternative, selbst wenn die Spiele im Beisein von zahlreichen Freundinnen und Freunden geschaut werden. Ein Spiel live aus nächster Nähe und gemeinsam mit anderen Fans zu erleben, das ist durch nichts zu ersetzen.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn wieder Spiele mit Publikum erlaubt sind?
Freude, Ausgelassenheit, Euphorie, das gemeinsame Jubeln bei Toren, das Beklatschen gelungener Aktionen, aber auch geteilte Enttäuschung, Wut, Trauer und Niedergeschlagenheit.
Was hätten wir eigentlich am Vereinsjubiläum am 5. Mai gesehen? Wie wäre das große Jubiläum verlaufen?
Im Januar wurde eine Karnevalsparty gefeiert und im Rosenmontagszug sind wir mit einem eigenen Wagen mitgefahren, beides unter dem Motto unseres Jubiläums. Des Weiteren war eine Ausstellung in der Philara geplant, aber diese fiel schon dem Lockdown zum Opfer. Am Geburtstag selber war u. a. eine große Feier am Rathaus angedacht und eine Party in der Altstadt, an welcher fast alle Kneipen und Gaststätten, zahlreiche Spieler unserer Traditionsmannschaft und viele andere Fortunen mitgemacht hätten.
Wie haben Sie persönlich den Geburtstag der Fortuna gefeiert?
Ich habe mich mit befreundeten Fortunen an der Gaststätte »En de Canon« getroffen und wir haben auf unsere Diva mit einem Gläschen Wein angestoßen. Um 18 Uhr sind wir dann an den Rhein oberhalb des Schlossturms gezogen und haben dort weitere Fortunen getroffen. Im Vorfeld wurde über verschiedene soziale Netzwerke dazu aufgerufen, sich dort einzufinden, um dann dem Geburtstagskind ein Ständchen zu singen. Dies haben wir dann sehr lautstark und mit großer Inbrunst erledigt und ich hatte für einen kurzen Moment ein
wenig Stadiongefühl.
Was war Ihr bisher schönster Moment im Paul-Janes-Stadion?
Die Bundesligaaufstiegsrunde 1971 am Flinger Broich, das Rheinstadion wurde zu der Zeit umgebaut, mit tollen Spielen gegen Wacker 04 Berlin, Neunkirchen, St. Pauli und Nürnberg. Am Ende sind wir aufgestiegen. Ich bin als 14-Jähriger immer von Grafenberg aus durchs Märchenland zum Stadion gepilgert, es waren unvergessliche Erlebnisse.
Was Ihr schlimmster?
Die Heimniederlage gegen Magdeburg und unser Abstieg in die 4. Liga mit anschließenden wütenden Reaktionen einiger randalierender Fans.
Was kann man hier im Stadion erleben, was anderswo vielleicht nicht möglich ist?
Im Paul-Janes-Stadion kann man noch die Seele eines Stadions spüren. Man ahnt die vielen Geschichten, die in diesem Stadion geschrieben wurden. Bei vielen modernen Arenen habe ich dieses Empfinden nicht mehr. Bis zur Sanierung der Herrentoilette am Flinger Broich vor wenigen Jahren konnte man sogar noch den Urin der Meistermannschaft von 1933 riechen.
Können Sie Ähnlichkeiten zwischen sich und Ihrem Namensvetter Paul Janes feststellen?
Wir haben uns beide zu 100 % mit unserem Verein identifiziert. In einem unterscheiden wir uns aber sehr, denn Janes wurde in Mannschaftskreisen »Der große Schweiger« genannt. So würde mich niemand bezeichnen.
Welches Ereignis, welche Anekdote beschreibt den »Geist« der Fortuna am besten?
Die Fortuna ist eine Großfamilie, und dies lebt ein Großteil der Fans und Mitglieder auch so. Da gibt es über hundert ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die sich in vielen Bereichen engagieren, es gab immer kreative Ideen, wenn die Fortuna mal wieder über wenig Geld verfügte und auf die Hilfe Dritter angewiesen war, engagierte Mitglieder, die sich bei vielen Sachfragen mit Kompetenz einbringen, große Freundes- und Bekanntenkreise, die sich unter der Klammer der Großfamilie gefunden haben und ihre Freundschaften nachhaltig pflegen. Und wer schon lange Fortuna-Fan ist, der hat es auch gelernt, schmerzfrei zu werden.
Das Gefühl von Tradition, Heimat, Gemeinschaft und Respekt, dazu eine große Prise Selbstironie, das ist der Geist der Fortuna.
— Die Fragen stellte Dorle Trachternach
Hoffen wir zunächst, dass sich die Geisterspiele wirklich nur auf das Jahr 2020 beschränken und das sukzessive wieder Fans in den Stadien zugelassen werden können. Der Fußball lebt von den Fans, die ihre Mannschaften in Stadien unterstützen können. Ohne sie gibt es keine Gesänge, keine Sprechchöre, keine kreativen Aktivitäten, kurz, keine Stimmung auf den Rängen. Und nicht nur das: Auch das gemeinschaftliche Erlebnis fehlt. Keine Diskussionen mit den anderen Fans über die aktuelle Tagesform der eigenen Spieler, keine Beschimpfungen oder auch mal sportliche Anerkennung für den Gegner, kein Duft von Rasen und Bratwurst in der Nase. Übertragungen im TV sind keine Alternative, selbst wenn die Spiele im Beisein von zahlreichen Freundinnen und Freunden geschaut werden. Ein Spiel live aus nächster Nähe und gemeinsam mit anderen Fans zu erleben, das ist durch nichts zu ersetzen.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn wieder Spiele mit Publikum erlaubt sind?
Freude, Ausgelassenheit, Euphorie, das gemeinsame Jubeln bei Toren, das Beklatschen gelungener Aktionen, aber auch geteilte Enttäuschung, Wut, Trauer und Niedergeschlagenheit.
Was hätten wir eigentlich am Vereinsjubiläum am 5. Mai gesehen? Wie wäre das große Jubiläum verlaufen?
Im Januar wurde eine Karnevalsparty gefeiert und im Rosenmontagszug sind wir mit einem eigenen Wagen mitgefahren, beides unter dem Motto unseres Jubiläums. Des Weiteren war eine Ausstellung in der Philara geplant, aber diese fiel schon dem Lockdown zum Opfer. Am Geburtstag selber war u. a. eine große Feier am Rathaus angedacht und eine Party in der Altstadt, an welcher fast alle Kneipen und Gaststätten, zahlreiche Spieler unserer Traditionsmannschaft und viele andere Fortunen mitgemacht hätten.
Wie haben Sie persönlich den Geburtstag der Fortuna gefeiert?
Ich habe mich mit befreundeten Fortunen an der Gaststätte »En de Canon« getroffen und wir haben auf unsere Diva mit einem Gläschen Wein angestoßen. Um 18 Uhr sind wir dann an den Rhein oberhalb des Schlossturms gezogen und haben dort weitere Fortunen getroffen. Im Vorfeld wurde über verschiedene soziale Netzwerke dazu aufgerufen, sich dort einzufinden, um dann dem Geburtstagskind ein Ständchen zu singen. Dies haben wir dann sehr lautstark und mit großer Inbrunst erledigt und ich hatte für einen kurzen Moment ein
wenig Stadiongefühl.
Was war Ihr bisher schönster Moment im Paul-Janes-Stadion?
Die Bundesligaaufstiegsrunde 1971 am Flinger Broich, das Rheinstadion wurde zu der Zeit umgebaut, mit tollen Spielen gegen Wacker 04 Berlin, Neunkirchen, St. Pauli und Nürnberg. Am Ende sind wir aufgestiegen. Ich bin als 14-Jähriger immer von Grafenberg aus durchs Märchenland zum Stadion gepilgert, es waren unvergessliche Erlebnisse.
Was Ihr schlimmster?
Die Heimniederlage gegen Magdeburg und unser Abstieg in die 4. Liga mit anschließenden wütenden Reaktionen einiger randalierender Fans.
Was kann man hier im Stadion erleben, was anderswo vielleicht nicht möglich ist?
Im Paul-Janes-Stadion kann man noch die Seele eines Stadions spüren. Man ahnt die vielen Geschichten, die in diesem Stadion geschrieben wurden. Bei vielen modernen Arenen habe ich dieses Empfinden nicht mehr. Bis zur Sanierung der Herrentoilette am Flinger Broich vor wenigen Jahren konnte man sogar noch den Urin der Meistermannschaft von 1933 riechen.
Können Sie Ähnlichkeiten zwischen sich und Ihrem Namensvetter Paul Janes feststellen?
Wir haben uns beide zu 100 % mit unserem Verein identifiziert. In einem unterscheiden wir uns aber sehr, denn Janes wurde in Mannschaftskreisen »Der große Schweiger« genannt. So würde mich niemand bezeichnen.
Welches Ereignis, welche Anekdote beschreibt den »Geist« der Fortuna am besten?
Die Fortuna ist eine Großfamilie, und dies lebt ein Großteil der Fans und Mitglieder auch so. Da gibt es über hundert ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die sich in vielen Bereichen engagieren, es gab immer kreative Ideen, wenn die Fortuna mal wieder über wenig Geld verfügte und auf die Hilfe Dritter angewiesen war, engagierte Mitglieder, die sich bei vielen Sachfragen mit Kompetenz einbringen, große Freundes- und Bekanntenkreise, die sich unter der Klammer der Großfamilie gefunden haben und ihre Freundschaften nachhaltig pflegen. Und wer schon lange Fortuna-Fan ist, der hat es auch gelernt, schmerzfrei zu werden.
Das Gefühl von Tradition, Heimat, Gemeinschaft und Respekt, dazu eine große Prise Selbstironie, das ist der Geist der Fortuna.
— Die Fragen stellte Dorle Trachternach
Besetzung
Mit:Philipp Brand, Claudia Perrella und Peter Presia sowie den Stimmen von Claudia Hübbecker, Rainer Philippi und Lea Ruckpaul
Dauer
1 Stunde — keine Pause
Liebe Lehrer*innen, wenn Sie weitere Informationen zu dieser Inszenierung wünschen, wenden Sie sich bitte an die Theaterpädagogin Saliha Shagasi unter 0211. 85 23-714 oder saliha.shagasi@dhaus.de