Sound
Ein Werkstattgespräch mit Bianca Casady von CocoRosie
CocoRosie, das sind Bianca und Sierra Casady. Sechs Alben veröffentlichte das Folk-Duo seit seiner Gründung 2003, flankiert von Konzerten weltweit. Eine besondere Liebe verbindet die Schwestern allerdings mit dem Theater: Gemeinsam mit Robert Wilson brachten sie »Peter Pan« (Berlin 2013), »Puschkins Märchen« (Moskau 2015) und »Edda« (Oslo 2017) auf die Bühne. Zurzeit komponieren die beiden Künstlerinnen die Musik für »Das Dschungelbuch«, das am 13. Oktober 2019 am Düsseldorfer Schauspielhaus Premiere feiern wird.
Sie und Ihre Schwester bilden gemeinsam ein Singer-Songwriter-Duo, das in seinen Performances mit sehr eindrücklichen visuellen Elementen umgeht. Wie gestaltet sich da die Zusammenarbeit mit Robert Wilson, der seine ganz eigene Ästhetik verfolgt?
Nun, wir treten uns nicht gegenseitig auf die Zehen. Da Bobs Stücke stark von der Musik vorangetrieben werden, gibt es für uns zahlreiche Möglichkeiten, an der Gestaltung der Erzählung mitzuwirken. Manchmal erforscht die Musik unsichtbare und bisher ungeahnte Dimensionen der Geschichte – dabei lässt uns Bob extrem viele Freiheiten. Wir gehen oft sehr persönlich an die Songs heran, sodass sich zwangsläufig eine Mischung aus unserer eigenen Geschichte und den verschiedenen Figuren ergibt. Wir arbeiten auch sehr eng mit den Schauspieler*innen zusammen, wenn es um die Interpretation der Songs geht. Und das ist ein wesentlicher Bestandteil der Gestaltung der Charaktere auf der Bühne.
Sie verbinden Einflüsse aus Hip-Hop, Oper, Folk und verwenden die verrücktesten Gegenstände als Instrumente. Ihre Musik sucht jedoch nicht nach Synthese.
Das Einzigartige, was passiert, ist vielleicht die Art und Weise, wie diese traditionellen Elemente interagieren, wie sie sich in unmittelbarer Nähe zueinander verhalten.
Von Anfang an haben Sie viel mit Beatboxern zusammengearbeitet.
Bei Liveauftritten in jedem Fall. Wir haben es mit Schlagzeugern versucht, aber keinen Weg gefunden, sie nicht auf die Musik »drauftreten« zu lassen. Was mir beim »Dschungelbuch« sehr viel Spaß macht, ist, dass die Musik dem Livesound von CocoRosie näher kommt als je zuvor. Und das Beatboxen spielt dabei eine große Rolle.
Welche Instrumente werden Teil des »Dschungelbuch«-Sounds sein?
Klavier – in einer sehr spezifischen Mischung aus Ragtime und Reggae. Es sollte sich wie ein Instrument anhören, das zu lange in der Sonne gestanden hat. Die Geige spielt in der Zusammenarbeit mit Bob immer eine wichtige Rolle, wenn eine bestimmte Form von Dramatik, Romantik oder düsterer Vorahnung benötigt wird. Das Sterben Shere Khans beispielsweise ist allein mit Geige unterlegt. Die Instrumente haben bestimmte Farben, die den Tieren und verschiedenen anderen Aspekten des Stücks zugeordnet sind. Die Bassklarinette gehört zum Bären; aber das ist alles noch in Arbeit.
Klingt toll!
Es macht auch wirklich Spaß, zu erkunden, wie sich der Dschungel anhört. In meinen Demos habe ich viele afrikanische Instrumente und Flöten verwendet und dann begonnen, einiges davon auf andere Instrumente zu übertragen. Es gibt diesen Gypsy-Einfluss – ich kann nicht erklären, woher er kommt –, der klingt wie ein U-Bahn-Performer, den Sie in der Metro in Paris hören würden. Der Dschungelsound hat sich bereits mehrfach gewandelt. Und dann ist da noch die Menschenwelt; ich habe das Gefühl, dass sie ganz anders klingen sollte. Eine Art kälterer Jazzeinfluss … Der Dschungel macht definitiv mehr Spaß!
Wie gehen Sie an das Komponieren heran?
Songwriting ist wie Umhertasten im Dunkeln. Mit der Theaterarbeit ist es etwas einfacher, da Charaktere und Situationen bereits vorhanden sind. Also beschäftigen wir uns damit. Alles beginnt mit der Stimme; Rhythmus, Melodie und Text kommen oft gleichzeitig – eine Art Meditation darüber, was im Inneren der Figur vorgeht. Meine Schwester spielt mehrere Instrumente, und ich lerne mit den Jahren immer mehr. Auch wenn wir beide viel stärkere Sängerinnen als Instrumentalistinnen sind – es ist genug für uns, um unsere Musik zu kreieren. Ich habe viele der Demos allein in meinem Farmstudio aufgenommen, nur mit meinen eigenen musikalischen Fähigkeiten ausgestattet. Die Dinge brauchen viel mehr Zeit, als wenn ich z. B. mit einem professionellen Pianisten zusammenarbeiten würde. Ich neige dazu, diese »Skelette« der Musik anzufertigen. Es wird viel experimentiert, oft in unerwartete Richtungen, gerade weil meinem musikalischen Können Grenzen gesetzt sind. Dann nehme ich das Material und spiele es den Musikern vor. Manchmal entwickelt sich so etwas Neues; dann wieder gibt es Kompositionen, die ich geneigt bin, sehr zu beschützen, weil sie mir auf die ursprüngliche Art und Weise bereits ausgereift erscheinen. Jedes Lied wird in diesem Sinne anders geboren.
»Das Dschungelbuch« von Rudyard Kipling enthält zu einem gewissen Teil Schwarze Pädagogik, die bei Film- oder Bühnenadaptionen des Werks oft ausgespart wurde. Mir fällt dazu die Stelle ein, wenn Baloo Mowgli, jedes Mal wenn er seine Dschungelmaximen falsch aufsagt, auf den Kopf schlägt. Interessiert Sie diese dunkle Seite der Geschichte?
Ich habe ein Lied geschrieben mit dem Titel »It’s better to be bruised by someone who loves you«. Der Gedanke, dass Liebe manchmal zu weit gehen kann, hat mich nicht losgelassen.
Was hat Sie wieder aufgemuntert?
Ich mochte die von Kipling verfassten Gedichte sehr, die Teil des Buches sind. Beispielsweise habe ich »Das Straßenlied des Bandar-Log«, das Lied der Affenhorde, als Song komponiert.
— Die Fragen stellte die Dramaturgin Janine Ortiz. Der Text ist erschienen im Spielzeitheft 2019/20.
Sie und Ihre Schwester bilden gemeinsam ein Singer-Songwriter-Duo, das in seinen Performances mit sehr eindrücklichen visuellen Elementen umgeht. Wie gestaltet sich da die Zusammenarbeit mit Robert Wilson, der seine ganz eigene Ästhetik verfolgt?
Nun, wir treten uns nicht gegenseitig auf die Zehen. Da Bobs Stücke stark von der Musik vorangetrieben werden, gibt es für uns zahlreiche Möglichkeiten, an der Gestaltung der Erzählung mitzuwirken. Manchmal erforscht die Musik unsichtbare und bisher ungeahnte Dimensionen der Geschichte – dabei lässt uns Bob extrem viele Freiheiten. Wir gehen oft sehr persönlich an die Songs heran, sodass sich zwangsläufig eine Mischung aus unserer eigenen Geschichte und den verschiedenen Figuren ergibt. Wir arbeiten auch sehr eng mit den Schauspieler*innen zusammen, wenn es um die Interpretation der Songs geht. Und das ist ein wesentlicher Bestandteil der Gestaltung der Charaktere auf der Bühne.
Sie verbinden Einflüsse aus Hip-Hop, Oper, Folk und verwenden die verrücktesten Gegenstände als Instrumente. Ihre Musik sucht jedoch nicht nach Synthese.
Das Einzigartige, was passiert, ist vielleicht die Art und Weise, wie diese traditionellen Elemente interagieren, wie sie sich in unmittelbarer Nähe zueinander verhalten.
Von Anfang an haben Sie viel mit Beatboxern zusammengearbeitet.
Bei Liveauftritten in jedem Fall. Wir haben es mit Schlagzeugern versucht, aber keinen Weg gefunden, sie nicht auf die Musik »drauftreten« zu lassen. Was mir beim »Dschungelbuch« sehr viel Spaß macht, ist, dass die Musik dem Livesound von CocoRosie näher kommt als je zuvor. Und das Beatboxen spielt dabei eine große Rolle.
Welche Instrumente werden Teil des »Dschungelbuch«-Sounds sein?
Klavier – in einer sehr spezifischen Mischung aus Ragtime und Reggae. Es sollte sich wie ein Instrument anhören, das zu lange in der Sonne gestanden hat. Die Geige spielt in der Zusammenarbeit mit Bob immer eine wichtige Rolle, wenn eine bestimmte Form von Dramatik, Romantik oder düsterer Vorahnung benötigt wird. Das Sterben Shere Khans beispielsweise ist allein mit Geige unterlegt. Die Instrumente haben bestimmte Farben, die den Tieren und verschiedenen anderen Aspekten des Stücks zugeordnet sind. Die Bassklarinette gehört zum Bären; aber das ist alles noch in Arbeit.
Klingt toll!
Es macht auch wirklich Spaß, zu erkunden, wie sich der Dschungel anhört. In meinen Demos habe ich viele afrikanische Instrumente und Flöten verwendet und dann begonnen, einiges davon auf andere Instrumente zu übertragen. Es gibt diesen Gypsy-Einfluss – ich kann nicht erklären, woher er kommt –, der klingt wie ein U-Bahn-Performer, den Sie in der Metro in Paris hören würden. Der Dschungelsound hat sich bereits mehrfach gewandelt. Und dann ist da noch die Menschenwelt; ich habe das Gefühl, dass sie ganz anders klingen sollte. Eine Art kälterer Jazzeinfluss … Der Dschungel macht definitiv mehr Spaß!
Wie gehen Sie an das Komponieren heran?
Songwriting ist wie Umhertasten im Dunkeln. Mit der Theaterarbeit ist es etwas einfacher, da Charaktere und Situationen bereits vorhanden sind. Also beschäftigen wir uns damit. Alles beginnt mit der Stimme; Rhythmus, Melodie und Text kommen oft gleichzeitig – eine Art Meditation darüber, was im Inneren der Figur vorgeht. Meine Schwester spielt mehrere Instrumente, und ich lerne mit den Jahren immer mehr. Auch wenn wir beide viel stärkere Sängerinnen als Instrumentalistinnen sind – es ist genug für uns, um unsere Musik zu kreieren. Ich habe viele der Demos allein in meinem Farmstudio aufgenommen, nur mit meinen eigenen musikalischen Fähigkeiten ausgestattet. Die Dinge brauchen viel mehr Zeit, als wenn ich z. B. mit einem professionellen Pianisten zusammenarbeiten würde. Ich neige dazu, diese »Skelette« der Musik anzufertigen. Es wird viel experimentiert, oft in unerwartete Richtungen, gerade weil meinem musikalischen Können Grenzen gesetzt sind. Dann nehme ich das Material und spiele es den Musikern vor. Manchmal entwickelt sich so etwas Neues; dann wieder gibt es Kompositionen, die ich geneigt bin, sehr zu beschützen, weil sie mir auf die ursprüngliche Art und Weise bereits ausgereift erscheinen. Jedes Lied wird in diesem Sinne anders geboren.
»Das Dschungelbuch« von Rudyard Kipling enthält zu einem gewissen Teil Schwarze Pädagogik, die bei Film- oder Bühnenadaptionen des Werks oft ausgespart wurde. Mir fällt dazu die Stelle ein, wenn Baloo Mowgli, jedes Mal wenn er seine Dschungelmaximen falsch aufsagt, auf den Kopf schlägt. Interessiert Sie diese dunkle Seite der Geschichte?
Ich habe ein Lied geschrieben mit dem Titel »It’s better to be bruised by someone who loves you«. Der Gedanke, dass Liebe manchmal zu weit gehen kann, hat mich nicht losgelassen.
Was hat Sie wieder aufgemuntert?
Ich mochte die von Kipling verfassten Gedichte sehr, die Teil des Buches sind. Beispielsweise habe ich »Das Straßenlied des Bandar-Log«, das Lied der Affenhorde, als Song komponiert.
— Die Fragen stellte die Dramaturgin Janine Ortiz. Der Text ist erschienen im Spielzeitheft 2019/20.
Besetzung
Mowgli, ein FindelkindCennet Rüya Voß
Bagheera, ein schwarzer PantherAndré Kaczmarczyk
Baloo, ein BärGeorgios Tsivanoglou
Shere Khan, ein KönigstigerSebastian Tessenow
Hathi, ein indischer ElefantRosa Enskat
Akela, ein WolfRon Iyamu
Raksha, eine WölfinJudith Bohle
Messua, Mowglis MutterTabea Bettin
Tabaqui, ein SchakalFelicia Chin-Malenski
Kaa, eine PythonschlangeThomas Wittmann
Monkey / Buldeo, ein JägerTakao Baba
ViolineZuzana Leharová, Naomi Binder
Klarinette, BassklarinetteAnnette Maye, Bernd Spehl
GitarreLeo Henrichs, Jan-Felix Rohde
Regie, Bühne, LichtRobert Wilson
Musik, LyricsCocoRosie
KostümJacques Reynaud
Musikalische LeitungSven Kaiser
Mitarbeit RegieAnn-Christin Rommen
Mitarbeit BühneAnnick Lavallée-Benny
Mitarbeit LichtMarcello Lumaca
Make-up-DesignManu Halligan
Mitarbeit KostümMartina Lebert
Sound DesignNick Sagar
Dramaturgie, deutsche FassungJanine Ortiz
Dauer
1 Stunde, 30 Minuten — keine Pause
Die französische Version wurde vom Théâtre de la Ville-Paris produziert und koproduziert von Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, Les Nuits de Fourvière, Festival international de la Métropole de Lyon, Manchester International Festival, Teatro della Pergola, Florence, deSingel, Antwerpen, sowie vom Festspielhaus St. Pölten (AT). Beteiligter Produzent: EdM Productions
Wir danken der Centrum Gruppe für die partnerschaftliche Unterstützung.
Liebe Lehrer*innen, wenn Sie weitere Informationen zu dieser Inszenierung wünschen,
wenden Sie sich bitte an den Theaterpädagogen Thiemo Hackel unter 0211. 85 23-402 oder
thiemo.hackel@dhaus.de
wenden Sie sich bitte an den Theaterpädagogen Thiemo Hackel unter 0211. 85 23-402 oder
thiemo.hackel@dhaus.de